Samstag, 26. Juli 2014

Der Mensch und seine Sachen: Auf dem griechischen Finanzamt. Oder: Was man dort über die deutsche Sprache lernen kann.


Früher, als es sie noch gab, waren Grenzen einfach ein Kreuz. Von Bayern nach Österreich. Lange Schlangen in Scharnitz, wenn das noch jemand kennt. Und dann erst die innerdeutsche Grenze, Heimstatt ausgefuchster Schikanen.

Heute ist das alles einfacher. Nur nicht, wenn man vom EU-Land Italien mit dem eigenen Boot ins EU-Land Griechenland reist. Denn: Keiner weiß so richtig, was man eigentlich benötigt. Selbst google nicht.
Als ich mich bei der Port Authority in Korfu Stadt anmelden und nachfragen will, was ich denn eigentlich in Griechenland für Bootspapiere brauche: notiert der uniformierte Beamte alles fein säuberlich in sein großes, großes Buch des großen Vergessens. Und erklärt mir: ich bräuchte eigentlich nichts. Nur ein "Pleasure Craft Document." Er habe es aber nicht da. Ich solle es im nächsten Hafen kaufen. Tschüss.
Mein Freund Pat, der seit fast 15 Jahren jeden Sommer hier segelnd verbringt, sagt: "All greek paperwork is bullshit. You don't need anything." 
Und von den zwei, drei Seglern, die ich unterwegs frage, höre ich fünf, sechs verschiedene Antworten. 

Weil ich aber schon weiß, dass der Hafenkapitän, der mich wegen meiner fehlenden Bootspapiere in irgendeinem fernen Hafen in die Pfanne hauen wird, bereits heute auf der Pier steht und auf mich wartet, gebe ich keine Ruhe. Und falle der freundlichen Maria bei der Port Authority in Preveza in die Hände. Und Maria weiß es ganz genau:
1. Mein aktueller Versicherungsschein stimmt nicht. Die Deckungssumme reicht nicht. Die stimmt zwar weltweit. Aber nicht mehr für Griechenland. Neue Vorschrift.
2.  Ich muss also in Hamburg einen neuen Versicherungsschein beantragen. Neue Vorschrift.
3. Wenn der in Maria's Email bei der Port Authority in Preveza eintrudelt: dann muß ich in Preveza aufs Tax Office, das ich jetzt einfach mal Finanzamt nenne. Und € 29.95 bezahlen. Neue Vorschrift.
4. Habe ich dann Quittung und Versicherungsschein, gehe ich wieder zu Maria in der Port Authority. Und die stellt mir dann ein "DECPA" aus. Ein Permit für mein Boot für griechische Gewässer. Alte Vorschrift.

Da es drei Uhr Nachmittags ist, hat das Finanzamt zu. Der Tag ist also gelaufen. Bis auf Punkt 1: Der Bootsversicherer PANTAENIUS kennt den Kummer. Frau Hofmann hat das Dokument flugs geändert und drei Minuten später hab ichs auf dem Rechner. Chic.

Am nächsten Morgen stehe ich früh auf und gehe erst mal das Finanzamt suchen. Ich weiß erstens nicht, wie Finanzämter auf griechisch heissen. Zweitens weiß ich nicht, wie griechische Finanzämter aussehen. Drittens ist es auch nicht da, wo Maria es mir in die Karte eingezeichnet hat. Zuerst jedenfalls nicht. Ich renne drei mal dran vorbei. Es hat sich einfach hinter Platanen versteckt, als ich kam. 

Aber dann bin ich drin. Es sieht aus wie "nach dem Umzug ist vor dem Umzug."


Ein bisschen leer. Mit nur viermal fragen stehe ich vor dem richtigen Schalter. Als ich dem Beamten das  "ä" in meinem Nachnamen auf Englisch erkläre, sagt der einfach auf Deutsch: "Das ist ein Umlaut. Ich kenne das." Giorgos (seinen Namen habe ich geändert) hat Deutsch gelernt. Und beschenkt mich als Gegengabe mit der Erkenntnis, dass es im Griechischen insgesamt sieben verschiedene "i" gibt. Es sei zwar überflüssig, aber die entsprechenden Reformen wären einfach ins Stocken geraten. 


Und dann läßt Giorgos einfach einen der fünf im Raum stehenden großkalibrigen Endlos-Drucker rattern, "der hier läuft wenigstens", sagt Giorgos. Und schon habe ich das mir zugedachte hellblaue Formular. Ab zum Zahlen. 

Nachdenklich verlasse ich das griechische Finanzamt. Sieben "I". So viele. Aber: Wieviele "i" haben wir im Deutschen eigentlich? Und: brauchen wir vielleicht auch so eine Rechtschreib-Reform? Wegen des "i"?
Die Antworten auf diese Frage finden Sie unten.








 i, y, ü, üh, j, ie.

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